Logistikwissen zum Durchstarten

Paketabfertigung im Online-Handel
Paketabfertigung im Online-Handel
Die Kep-Studie zeigt: 2022 wird die Paketflut nicht weiter steigen.
© dpa
Bestellvorgang abgeschlossen – das Ende des Paketbooms?
Von DVZ Redaktion

Kleidung, Möbel, Computer – wenn Läden zeitweise schließen müssen, bleibt nur der Online-Handel. Das weiß kaum jemand besser als Paketboten. Sie brachten im vergangenen Jahr die Rekordmenge von 4,5 Milliarden Paketen an die Haustüren, 11,2 Prozent mehr als im Vorjahr, wie der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) ermittelt hat. Die 270.000 in der Branche beschäftigten Mitarbeiter:innen hatten alle Hände voll zu tun. Die Arbeit wird wohl nicht weniger werden. Wenn es um den Online-Handel geht, stehen neun Fragen im Vordergrund:

Was treibt den Boom?

Der Online-Handel und die Privathaushalte sind Treiber des Marktes. Seit Jahren kaufen immer mehr Menschen im Netz. Corona brachte noch einen Wachstums-Turbo. Die jährliche BIEK-Markstudie zeigt: Schließen Geschäfte, schießen die Sendungszahlen im Online-Handel in die Höhe. Innerdeutsch gehen inzwischen 71 Prozent der Sendungen an Privathaushalte. Vor zehn Jahren waren es noch 50 Prozent.

Innerhalb von zehn Jahren hat sich das Sendungsaufkommen im Online-Handel fast verdoppelt.

Bundesverband Paket und Expresslogistik

Was bestellen die Leute?

Bei Büchern, Computern, Elektro- und Haushaltsgeräten ist inzwischen für eine Mehrheit klar: Das kaufe ich eher im Internet. Das ergab die Postbank-Digitalstudie 2022. Bei jedem Zweiten gilt das demnach auch für Bekleidung und Schuhe, bei jedem Dritten auch für Möbel und Einrichtung. Bei den unter 40-Jährigen sind es teils mehr. Jeder Zehnte von Ihnen gibt an, auch Lebensmittel eher online zu kaufen.

Denken Online-Käufer nicht ans Klima?

Nur etwa jeder Zehnte versucht, Online-Käufe aus ökologischen Gründen zurückzufahren oder ganz darauf zu verzichten, wie eine Umfrage der Postbank ergab. Gut jeder Vierte bestellt demnach auch Ware, bei der von vornherein klar ist, dass sie zurückgeschickt wird – etwa um verschiedene Kleidergrößen zu Hause anprobieren zu können.

Viele versuchen aber, Bestellungen zu bündeln und achten auf möglichst wenig oder nachhaltiges Verpackungsmaterial. Denn der Verpackungsberg wächst. Heute werden mehr als die Hälfte mehr Pappkartons verbraucht als vor 30 Jahren, wie das Deutsche Verpackungsinstitut jüngst berechnet hat. Alle Bemühungen um schlankere Verpackungen liefen ins Leere, weil mehr gekauft werde.

Welche Rolle spielen Retouren?

Bei Modehändlern wie etwa Zalando geht etwa jeder zweite Artikel wieder zurück. Einige Modehändler verlangen nun Geld für Rücksendungen. Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) sieht aber keinen dauerhaften Abschied von der kostenlosen Retoure. Der Wettbewerb um die Kunden im Internet sei knallhart, heißt es. Für die Öko-Bilanz sind Retouren ein Faktor – gescheiterte Zustellversuche sind ein weiterer.

Gibt es klimafreundlichere Lösungen?

Ein Weg ist es, zu versuchen, die Waren gleich beim ersten Mal zustellen zu können, das senkt die CO₂-Emissionen deutlich. Langfristig aber wollen die Kep-Dienste erreichen, dass die Empfänger mehr Pakete in Paketshops abholen. DPD hat kürzlich einen eigenen Laden in Berlin eröffnet. Parallel wird daran gearbeitet, mehr elektrische Fahrzeuge und Lastenräder bei der Zustellung einzusetzen. Versuche, große Pakettransporte vom Lkw auf Züge zu verlagern, fruchteten bislang nicht merklich.

Online kaufen oder im Laden? Der größere Klima-Hebel für Verbraucher liegt laut Umweltbundesamt woanders – Handel und Transport machten nur zehn Prozent der Treibhausgase aus. Der Rest entstehe in der Herstellung. Das Umweltbundesamt rät daher zu langlebigen Produkten, die umweltfreundlich hergestellt sind – und dazu, diese bestenfalls im Geschäft um die Ecke abzuholen, mit dem Fahrrad oder zu Fuß.

Werden Pakete teurer?

Schon 2021 gab es Erhöhungen, stieg der durchschnittliche Erlös je Sendung um knapp drei Prozent auf 5,97 Euro. Auf den Paketdiensten lasten hohe Preise, etwa für Strom und Diesel. Dieses Jahr steigt außerdem der Mindestlohn auf zwölf Euro je Stunde.

Wer verdient am Boom?

Handel und Paketdienste haben in der Corona-Krise üppige Gewinne gemacht. Der Marktführer Deutsche Post/DHL, der 2021 rund 1,8 Milliarden Pakete transportierte, verzeichnete das größte Plus seiner Geschichte. Versandhändler wie Otto legten beim Gewinn deutlich zu.

Wie geht es den Paketboten?

Verdi kritisiert weiter, dass ein Teil der Paketboten prekär beschäftigt sei. Die Gewerkschaft prangert auch Ausbeutung an, etwa in Subfirmen. Der Branchenverband BIEK betont dagegen, man biete jedem eine Chance zu fairen Bedingungen.

Knapp 11.000 neue Mitarbeiter wurden im vergangenen Jahr eingestellt, 50.000 weitere werden in den nächsten fünf Jahren gesucht. Der Personalbestand wächst allerdings damit nicht so stark wie die Paketmenge. Größere Fahrzeuge, bessere Navigation und neue Sortieranlagen in Umschlagzentren sollen deshalb die Effizienz steigern.

Geht das immer so weiter?

Die Entwicklung scheint abzuflachen: Modehändler Zalando etwa spürt schon, dass die Warenkörbe kleiner werden. Das sei die Rückkehr zur Normalität nach dem Corona-Boom. Speziell seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs achten die Kunden stärker aufs Geld, hat der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland bemerkt. Deutlich weniger gefragt waren etwa Heimwerker- und Bastelbedarf, Blumen, Auto- und Motorradzubehör, Computer und andere Elektroartikel.

DHL transportierte im ersten Quartal ein Fünftel weniger Pakete als während der starken Corona-Beschränkungen in den ersten drei Monaten 2021. Für dieses Jahr wird eine Seitwärtsbewegung für realistisch gehalten, für die folgenden Jahre zeigt die Verbandsprognose aber wieder eine stetige Wachstumskurve.

Dieser Artikel wurde von dpa-Mitarbeiter Burkhard Fraune verfasst.

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