Logistikwissen zum Durchstarten

Innerhalb von Minuten sollen die schweren Lkw-Akkus getauscht werden.
© TU Berlin
E-Lkw: Batteriewechsel statt Aufladen
Von Sven Bennühr

In rund einer Viertelstunde wieder mit voller Elektro-Reichweite unterwegs sein: Das ist der Grundgedanke hinter dem Forschungsprojekt „eHaul“. Unter Federführung des Fachbereichs Fahrerverhaltensbeobachtung für energetische Optimierung und Unfallvermeidung (FVB) der technischen Universität Berlin wurde eine hochautomatisiert arbeitende Batteriewechselstation für E-Lkw entwickelt.

Lösung für zwei Probleme

Mit diesem Ansatz sollen zwei zentrale Problem bei der Elektrifizierung des schweren Straßengüterverkehrs gelöst werden: Auf der einen Seite sollen lange Ladezeiten an Standard-Ladesäulen mit vergleichsweise geringer Leistung (175 bis 350 Kilowatt) vermieden werden. Auf der anderen Seite wird es dadurch unnötig ein Netz von Megawatt-Chargern, die auf Hochspannung angewiesen sind, aufzubauen.

Stattdessen sollen erschöpfte Batterien weitgehend automatisch innerhalb weniger Minuten in der Station gegen komplett geladene Akkus getauscht und anschließend mit niedriger Spannung geladen werden. Dieses Vorgehen schont Batterien, erfordert nur vergleichsweise geringe Netzanschlussleistungen und reduziert die durch die Elektrifizierung des Güterverkehrs entstehende Zusatzbelastung des Stromnetzes. So soll es laut den Projektpartnern möglich sein, initiale Infrastruktur-Netzwerke auch ohne umfangreichen, vorherigen Stromnetzausbau zu realisieren.

Das System soll die Flexibilität beim Einsatz von E-Lkw im Fernverkehr verbessern: Die entsprechend vorgerüsteten, wechselfähigen Lkw sind nicht mehr an die räumliche und zeitliche Koppelung von Ladestopp und gesetzlich vorgeschriebener Pause gebunden. Die Nutzungskosten eines Batteriewechsel-Fahrzeuges sollen dabei vergleichbar mit denen anderer Antriebs- und Ladetechniken sein.

Offene Fragen

Die Idee der Batteriewechselstationen ist nicht neu, in China sind solche Anlagen bereits in Betrieb. Um aber die Technik in Europa einsetzen zu können, müssen noch einige Rahmenbedingungen erfüllt sein. Zum einen muss die notwendige Infrastruktur aufgebaut werden und es muss gewährleistet sein, dass das Netz tatsächlich engmaschig genug ist und sich die Stationen in Autobahnnähe befinden. Darüber hinaus müssen sich die Lkw-Hersteller auf einen einheitlichen Batteriestandard einigen, damit das Tauschsystem funktioniert. Zudem wäre es notwendig, die Fahrzeugkonzepte so anzupassen, dass die Batterien von der Automatik entnommen werden können. Letzteres ist fraglich, da die E-Lkw von Volvo bereits in Serie produziert werden und die beiden großen deutschen Hersteller Mercedes-Benz und MAN Ende 2024 die Serienproduktion aufnehmen werden.

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