Logistikwissen zum Durchstarten

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Logistik lernen an der Online-Akademie
Von DVZ Redaktion

Die digitale Weiterbildung der Belegschaft durch Online-Angebote, Webinare oder der Aufbau eigener, digitaler Unternehmensakademien erfährt in der Logistik derzeit einen wahren Hype. Die grundsätzliche Frage dabei ist: Wie lässt sich sicherstellen, dass die Mitarbeiter sich rasch und effektiv das notwendige Wissen aneignen? Zum Beispiel wenn es um die Inhalte eines Lager- und Transporthandbuchs geht?

Zwar dokumentiert dieses die Prozesse bestmöglich, jedoch sind neue Logistikmitarbeiter mit dieser Flut an Informationen oftmals überfordert. Zudem basieren die jährlichen Schulungen häufig auf der Annahme, dass die Lagermitarbeiter alle Informationen verinnerlicht haben. Eine Annahme, die allerdings nur selten erfüllt wird. Abhilfe kann hier ein digitalisiertes Schulungskonzept leisten, zum Beispiel indem das Lager- oder Transporthandbuch in kleine Mikro-Lerneinheiten, sogenannte Nuggets, unterteilt wird. Bei Bedarf kann der Mitarbeiter nun kundenspezifische Packvorschriften oder Best-Practices der Kommissionierung abrufen und innerhalb weniger Minuten erlernen. Dabei kann das theoretische Wissen in kleinen Filmsequenzen oder Erklärvideos im Rahmen einer unternehmenseigenen, digitalen Akademie modular aufbereitet werden. Diese Lerneinheiten können dann beliebig oft abgerufen werden, bis die Abläufe richtig sitzen.

Mitarbeiter können Prozesse verbessern

Richtig spannend wird es, wenn die Lagermitarbeiter die visuell aufbereiteten Inhalte auf der einen Seite als Best Practice annehmen, gleichzeitig aber auch kritisch begutachten sollen. Damit wird ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess angestoßen, der allerdings auch nachgehalten werden muss. Dies forciert nicht nur die Produktivität der beteiligten Mitarbeiter im Lager oder Transportbereich. Vielmehr wird die Akademie zum virtuellen Wissensspeicher des Unternehmens – wodurch sich das Know-how rasch und vor allem skalierbar in der Belegschaft verbreiten und aktualisieren lässt. Die Weiterbildung der Stammbelegschaft sowie das Einarbeitung neuer Mitarbeiter erfahren eine deutliche Beschleunigung.

Das Konzept funktioniert nicht nur auf der gewerblichen Ebene, es lässt sich auch auf die Führungsebene übertragen, wo die Mitarbeiter selbstbestimmt und bedarfsorientiert auf Basis eines Entwicklungsplans in einem vorgegebenen Zeitraum lernen wollen. Auch hier bringt die Idee der digitalen Akademie den Vorteil der Skalierbarkeit mit sich: Gleiche Inhalte können auf eine beliebige Anzahl an Nutzern verteilt werden. Gleichzeitig wird der Wissensstand der Mitarbeiter messbar, so dass gezielt Weiterbildungsangebote für die Belegschaft platziert werden können.

Aufholbedarf in der Logistik

Allerdings hinkt der überwiegende Teil der Logistikunternehmen diesem Ansatz noch hinterher oder setzt ihn bisher tendenziell zurückhaltend um. Spätestens auf der Ebene des Lagers oder im Bereich des Transports werden die Themen Compliance und Arbeitsschutz nach wie vor überwiegend im Frontalunterricht geschult. Die Chance, das Know-how des Unternehmens durch digitale Lösungen allen Mitarbeiter strukturiert und bedarfsorientiert bereitzustellen, wird vergleichsweise selten wahrgenommen. Warum ist das so?

Ein wichtiger Anhaltspunkt in diesem Zusammenhang ist, dass die HR-Abteilungen der Logistikbranche oftmals über geringere Weiterbildungsbudgets als ihre Pendants in anderen Branchen verfügen. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass die Entscheider in der Unternehmensführung der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter einen vergleichsweise geringen Stellenwert beimessen. Um das zu ändern, muss die HR-Abteilung nicht nur den Nutzen, sondern auch den Mehrwert der digitalen Weiterbildung aufzeigen. Schließlich handelt es sich um ein Investment, dessen Wert für das Unternehmen ebenso einzustufen ist wie der Wert von Investitionen in das Lager, in die Digitalisierung oder in den Fuhrpark. Die Frage nach der Amortisation, der Rentabilität und dem Kosten/Nutzen-Verhältnis muss dabei beantwortet werden.

1.067 EUR für die Weiterbildung

Laut Institut der deutschen Wirtschaft belaufen sich in der Logistik die durchschnittlichen Weiterbildungskosten je Mitarbeiter auf 1.067 EUR pro Jahr. Hierbei wurde jedoch nicht zwischen Geschäftsleitung, Manager, Teamleiter oder Mitarbeiter differenziert, was das Bild schärfen würde. Trotz des immer wieder präsenten Themas Fachkräftemangel ist die Logistikbranche wie bereits erwähnt unterbudgetiert. Die veranschlagten Weiterbildungskosten setzen sich aus 506 EUR Lohnkosten, die durchschnittlich während der Weiterbildungsmaßnahmen anfallen, und 561 EUR sonstigen Kosten zusammen. Letztere umfassen Ausgaben für Teilnehmergebühren, Kosten für Trainer und Dozenten sowie weitere Aufwendungen wie Planung und Organisation, Verpflegung, Lehrmaterial und Raumkosten.

Diese Kostenpositionen verändern sich spürbar, wenn der konventionelle Frontalunterricht durch ein digitales Weiterbildungskonzept ersetzt wird. So entfallen zum Beispiel die Reise- und Wegekosten sowie die Freistellung des Schulungsteilnehmers über ganze Tage hinweg. Die punktuelle digitale Weiterbildung kann auf geplante Zeitfenster verteilt werden.

Darüber hinaus unterliegen die Kosten für Trainings- und Lehrmaterialien einem starken Skalierungseffekt. Die Unterlagen werden nur noch einmalig erworben und können anschließend einer beliebigen Anzahl von Personen zur Verfügung gestellt werden. Eine umfangreiche Planung und Organisation der Schulungsmaßnahmen entfällt, da moderne Learning Management Systeme die Kurszuweisung per Mausklick erlauben. Beispielsweise könnte eine Führungskraft im Lager auch spontan auftretende Leerlaufzeiten der Mitarbeiter dazu nutzen, diese in kleinen Lerneinheiten zu schulen. Dieser Prozess wird sich rasch amortisieren, zumal die Kosten für Reise, Verpflegung und physische Lehrmaterialien genauso entfallen wie die Vorhaltung eines Schulungsraum – alles ist online und in der digitalen Welt verfügbar.

Eine Frage der Amortisation

Es bleibt die Frage, wann sich die eigene Unternehmensakademie rechnet. Basis für diese Berechnung ist das jährliche Weiterbildungsbudget. Zugleich sind die Kennzahlen des Logistikunternehmens entscheidend und der Nachweis, wie diese durch die Weiterbildung der Lager- und Transportmitarbeiter beeinflusst werden. Sinken zum Beispiel die Reklamations- und Beschädigungskosten oder sind Termin- und Liefertreue gestiegen?

Geht man von den durchschnittlichen Weiterbildungskosten in der Logistik von 1.067 EUR pro Jahr und Mitarbeiter aus, lassen sich die Aufwendungen und der Nutzen einer digitalen Unternehmensakademie in Relation setzen. Je nach Anspruch belaufen sich die Kosten für die Einrichtung einer effektiven, digitalen Lernplattform auf 50.000 bis 100.000 EUR. Hinzu entstehen jährlich noch einmal rund 30 Prozent der Initialkosten als Folgekosten, um die Akademie auf dem aktuellen Stand zu halten. Ab einer Organisationsgröße von über 100 Mitarbeitern drücken die positiven Skalierungseffekte die Amortisationszeit nach unten. Je mehr Mitarbeiter die digitale Akademie nutzen, umso eher rechnet sich diese. (ben)

Jens Mehmann ist Professor für Supply Chain Management und Operations an der Jade Hochschule und Digital Learning Manager

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