Logistikwissen zum Durchstarten

Die neuen E-Lkw von MAN werden 2025 in Großserie gefertigt.
© MAN
MAN startet den E-Lkw-Verkauf
Von Sven Bennühr

Der Münchner Lkw-Hersteller MAN hat jetzt mit dem Verkauf der Elektro-Lkw-Baureihen eTGX und eTGS begonnen. Derzeit liegen bereits die ersten 600 Bestellungen vor, doch werden im nächsten Jahr vorerst nur 200 Fahrzeuge an ausgewählte Kunden geliefert. Ab dem Jahr 2025 sollen die E-Lkw dann in größeren Stückzahlen im Werk München produziert werden. Der Plan sieht vor, dass ab dem Jahr 2030 jeder zweite Lkw mit einem Elektroantrieb ausgeliefert wird.

Die Infrastruktur-Herausforderung

„Damit wir dieses Ziel erreichen, ist aber der Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur eine zwingende Voraussetzung. Es bedarf daher eines deutlich beschleunigten Ausbaus auf mindestens 4.000 Megawatt-Ladepunkte in Deutschland und 50.000 Hochleistungs- und Megawatt-Ladepunkte in Europa im Jahr 2030“, so Friedrich Baumann, Vorstand Sales und Customer Solutions bei MAN Truck & Bus.

Doch nicht nur hinsichtlich der Infrastruktur muss einiges passieren, auch auf Anwenderseite bedarf es einer Transformation auf dem Weg zum eTruck. Diesen Prozess will MAN mit dem 360 Grad eMobility Consulting begleiten. Dieses umfasst neben der Beratung zum geeigneten Fahrzeug auch die Betrachtung kundenspezifischer Einsatzbedingungen wie Betriebsphasen einschließlich Kostenoptimierung, Routenanalyse, Flottenoptimierung und darauf aufbauend auch die notwendige Beratung zur Ladeinfrastruktur.

Dabei unterstützen zusätzlich digitale Tools wie der neue eReadyCheck, mit dem Kunden überprüfen können, wie sich ihre Lieferrouten rein elektrisch fahren lassen. Daneben vermittelt das Programm eManager den Fuhrparkmanagern alle wichtigen Informationen zum Ladezustand aller Trucks der Flotte.

Variable Batteriepacks

Der neue MAN eTGX und MAN eTGS zeichnen sich durch eine hohe Variabilität bei den Batteriekonfigurationen aus. Mit sechs Batteriepaketen, von denen je zwei unter dem Fahrerhaus und bis zur vier weitere seitlich am Fahrzeugrahmen verbaut sind, bieten beide bis zu 480 Kilowattstunden nutzbare Batteriekapazität. Damit sind mit einer Zwischenladung während der gesetzlichen Ruhepause Tagesreichweiten von bis zu 800 Kilometern möglich.

Die Batteriepacks bieten mit ihrer Nickel-Mangan-Kobalt-Zellchemie (NMC) und dem speziell entwickelten Temperaturmanagement eine hohe Energiedichte bei kompakter Bauform, langer Lebensdauer und schnellem Aufladen – auch bei geringer Rest-Batterieladung und niedrigen Außentemperaturen.

Für das schnelle Zwischenladen in der Lenkzeitpause bietet MAN neben dem CCS Standard mit bis zu 375 Kilowatt direkt ab Verkaufsstart den noch deutlich leistungsfähigeren Megawattladestandard (MCS) an mit zunächst 750 Kilowatt an. In einer späteren Ausbaustufe sollen sogar über ein Megawatt Ladeleistung möglich werden.

Optimale Positionierung von Batterien und Antriebseinheit

Der standardmäßige Einbau von zwei Batterien unter dem Fahrerhaus, ähnlich wie bei konventionellen Fahrzeugen der Verbrennungsmotor, sorgt außerdem für eine günstige Gewichtsverteilung. Dazu trägt auch die Position der zentralen Antriebseinheit bei. Diese sitzt zentral im Rahmen und umfasst mehrere Elemente. Dazu zählen neben dem Synchron-Elektromotor, der für die Umwandlung von Batteriegleichstrom in Wechselstrom und für die Motorsteuerung zuständige Inverter und das je nach Leistungsauslegung verwendete 2- oder 4-Gang-Getriebe, das die Antriebsachsen über eine konventionelle Gelenkwelle antreibt.

Der Elektromotor leistet je nach Einsatzkonfiguration 333 PS (254 Kilowatt), 449 PS (330 Kilowatt) oder 544 PS (400 Kilowatt) mit entsprechend 800, 1.150 oder 1.250 Newtonmetern maximalem Drehmoment. Diese vergleichsweise geringe Zugkraft reicht aufgrund der besonderen Charakteristik des Elektromotors aus, um ähnliche Fahrleistungen wie beim Dieselmotor mit einem doppelt so hohen maximalen Drehmoment zu erzielen. Zum einen steht die Zugkraft sofort zur Verfügung, zum anderen gibt es an Anstiegen keinerlei Zugkraftunterbrechungen durch Schaltvorgänge.  

Energierückgewinnung als wichtiges Element

In Schub- und Bremsphasen kann der Elektromotor je nach Nutzungsanforderung durch den Fahrer als Generator genutzt werden. Dieser wandelt die Bewegungsenergie des Fahrzeugs zurück in elektrische Energie. Die Batterien laden sich dabei wieder auf.  Die maximal mögliche Rekuperationsleistung entspricht der Antriebsleistung des Elektromotors und ist damit vergleichbar zu der von heutigen Hochleistungsdauerbremsen von Dieselmotoren. Wie bei diesen unterstützt die automatische Schaltung des Getriebes dabei die bestmögliche Rekuperation mit erhöhten Motordrehzahlen.

 Die kompakte Bauform der Batterien ist auch der Grund, weshalb MAN den neuen eTruck auch als Volumenvariante mit sehr niedriger Rahmenhöhe für Transporte mit drei Metern Innenhöhe anbieten kann. Anwendungsbereich ist hier vor allem die Produktionslogistik, zum Beispiel der Automobilindustrie, die aufgrund ihrer Einsatzprofile prädestiniert für eine schnelle Umstellung vom Diesel- auf den Elektroantrieb ist.

Entspanntes Fahren mit hohem Komfort

Berührungsängste mit der neuen Technologie brauchen Fahrer von MAN eTGX und MAN eTGS nicht zu haben. Im Inneren der Fahrerhäuser empfängt sie das gewohnte Cockpit-Layout sowie die bekannte Bedienlogik. Diese wird lediglich um E-Fahrzeug-typische Bedienungsumfänge wie die Einstellungen zur optimalen Nutzung der Rekuperation ergänzt.

Letztere kann sowohl über den vom Retarderbetrieb gewohnten Lenkstockhebel rechts am Lenkrad, als auch über den wählbaren Modus One-Pedal-Driving bedient werden. Dabei setzt die Rekuperation mit zunehmender Stärke ein, je mehr der Fahrer den Druck auf das Fahrpedal reduziert. So kann er feinfühlig die Fahrgeschwindigkeit anpassen, ohne die Betriebsbremse nutzen zu müssen und zugleich kinetische Energie des Fahrzeugs in Form von Strom in die Batterien zurückspeisen. Das völlig neu entwickelte volldigitale Kombiinstrument liefert Informationen über den Ladezustand der Batterien, den Energieverbrauch und die Energierückgewinnung.

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