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Nachhaltigkeit in Transport & Logistik: Mehr als grün
Von DVZ Redaktion

Transport- und Logistikunternehmen sind in erster Linie Dienstleister und richten ihre Prozesse daher primär an den Anforderungen ihrer Kunden aus. Dies gilt insbesondere auch für die stetig wachsende Bedeutung nachhaltiger und transparenter Lieferketten. So spielt etwa die Einhaltung von CSR-Kriterien in immer mehr Ausschreibungen eine Rolle, ebenso wie die sich aus dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG) ergebenden sozialen Anforderungen.

Stets an den Kundenbedürfnissen ausrichten

Die Ausrichtung an den individuellen Kundenbedürfnissen hat zur Folge, dass sich ein Transportdienstleister auf zum Teil heterogene Branchenprofile einzustellen hat. Diese geben beispielsweise vor, ob beziehungsweise welche Regularien und Standards zu beachten sind und welche Metriken erhoben werden müssen. Dementsprechend divers sind das sich ergebende Ökosystem und die in ihm verfolgten Nachhaltigkeitsziele. Speziell die CO₂-Neutralität hat in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen, da sich entsprechende Kennzahlen oft bereits statistisch erheben lassen und Verbesserungen etwa durch Offsetting auch ohne Direktmaßnahmen möglich sind.

Die Reduzierung von Emissionen spielt naturgemäß auch in den von der UN herausgegebenen Sustainable Development Goals (SDGs) eine maßgebliche Rolle, an denen sich wiederum viele Unternehmen bei der Definition ihrer Nachhaltigkeitsziele orientieren. Weitergehende Anhaltspunkte ergeben sich insbesondere aus den Kriterien der Global Reporting Initiative (GRI) oder des Sustainability Accounting Standards Boards.

Gemeinsames Verständnis von Nachhaltigkeit entwickeln

Eine Herausforderung bei der Entwicklung integrierter Nachhaltigkeitskonzepte ist es, ein gemeinsames Verständnis von Nachhaltigkeit zu erreichen. Ein sich an den SDGs orientierender Code of Conduct etwa ermöglicht es unterschiedlichen Partnern in der Lieferkette, ihre Prozesse an einheitlichen Zielen auszurichten. Weitere Alternativen umfassen dienstleisterübergreifende Schulungen und Branchenstandards, die ein gemeinsames Grundverständnis der relevanten Anforderungen und Reporting-Pflichten gewährleisten.

Langfristig könnten Dienstleister dann beispielsweise durch quantitative CSR-Performance ausgewählt werden – weshalb es sich lohnt, frühzeitig in eine umfassende Analyse und Messung der diesbezüglichen Unternehmensperformance zu investieren. Eine Herausforderung liegt dabei in der regionalen Ausprägung von regulatorischen Rahmenwerken. Während die SDGs globale Ziele definieren, sind vor allem die europäische Gesetzgebung und die nationalen Umsetzungsvorhaben maßgeblich für die risikoorientierte strategische Ausrichtung von Unternehmen aller Branchen.

Finanzielle und soziale Aspekte nicht aus den Augen verlieren

Naturgemäß spielen Nachhaltigkeitsüberlegungen auch bei der Finanzierung von Unternehmen eine immer wichtigere Rolle. Große Kapitalmarktunternehmen (mehr als 500 Mitarbeiter) müssen – auf der Grundlage der Sustainable Finance EU Taxonomy – in ihrer nichtfinanziellen Erklärung angeben, zu welchem Anteil ihre jeweiligen Wirtschaftsaktivitäten ökologisch nachhaltig sind. Zudem bieten diverse Geschäftsbanken sogenannte Sustainability-linked Bonds an, bei denen die Coupon-Zahlungen der betreffenden Anleihen auf Nachhaltigkeitsfaktoren des Kreditnehmers konditioniert werden. Je besser der Score, desto niedriger sind die Coupon-Zahlungen.

Nachhaltige Logistik muss zudem sozial, fair und menschenwürdig sein. Dabei spielt für Transportdienstleister – als unmittelbarer Bestandteil der Lieferkette – insbesondere das LKSG und dessen Verpflichtung zur Einhaltung ökologischer und sozialer Standards eine zentrale Rolle.

Im Sinne einer sachgerechten Corporate Sustainability sind solche Anstrengungen zwangsweise mit Spannungen und Konflikten zwischen Unternehmenszielen, Bereichen und Prozessen verbunden. Diese Spannungen aufzulösen und durch adäquate Risikomanagementsysteme zu flankieren, wird die Branche weit über die nächsten Jahre hinaus beschäftigen. Viele Unternehmen haben bereits die Relevanz von Nachhaltigkeit erkannt, weshalb langfristig vornehmlich diejenigen Transportunternehmen wettbewerbsfähig bleiben werden, die in Einklang mit den entsprechenden ESG-Kriterien arbeiten. Treibende Kraft in der nachhaltigen Transformation der Lieferketten bleibt das Zusammenspiel aus regulatorischem Druck, öffentlicher Wahrnehmung, wettbewerblichen Faktoren und unternehmerischem Verantwortungsbewusstsein.

Der Autor: Steffen Wagner ist Global Head of Transport & Leisure bei KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

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