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So will das Start-up Unleash Future Boats die Binnenschifffahrt revolutionieren
Von Amelie Bauer

In einer ehemaligen Schnapsfabrik in Schleswig-Holstein wollen zwei Experten aus der Automobilwirtschaft die Binnenschifffahrt revolutionieren. Wo einst Kartoffeln zu Schnaps verarbeitet wurden, entstehen heute autonom fahrende Schiffe mit umweltfreundlicher Antriebstechnologie.

Jahrelang haben Stefanie und Lars Holger Engelhard bei den Autokonzernen Audi und VW an Konzepten für E-Mobilität und autonomes Fahren gearbeitet. Die dort gewonnenen Erkenntnisse wollen sie mit ihrem Start-up Unleash Future Boats jetzt auch aufs Wasser bringen. Schon bald soll der erste Hightech-Katamaran mit Wasserstoffantrieb und Brennstoffzelle in der Schlei-Region in Schleswig-Holstein eingesetzt werden.

Der entscheidende Vorteil: Die emissionsfreie Antriebsalternative kann auch zum Umrüsten für die Binnenschifffahrt und den maritimen Verkehr genutzt werden. Der Roll-out ist für Anfang 2023 geplant. Unterstützt wird das Start-up von Startport, der UN, dem Bund und dem Fraunhofer-Institut.

Schwimmende Klimasünder

Wie hoch die Umweltbelastungen durch die konventionelle Schifffahrt sind, ist längst kein Geheimnis mehr. Im Jahr 2018 machten die maritimen Emissionen laut einem Bericht der Europäischen Union rund 3,7 Prozent der gesamten CO2-Emissionen in der EU aus – Tendenz steigend, prognostiziert eine Studie der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation IMO.

Um dem entgegenzuwirken, plant das Gründer-Ehepaar von Unleash Future Boats den „Technologietransfer von automobiler zu maritimer Mobilität“. Das Konzept: Die mit Wasserstoff angetriebenen Schiffe sollen weder Umwelt- noch Lärmbelastungen verursachen. „Wie in einem Brennstoffzellen-Auto verbauen wir zusätzlich eine Brennstoffzelle, um die Reichweite zu erhöhen“, erklären die beiden Gründer.

Auch die autonome Schifffahrt wollen die Jungunternehmer mit Hilfe eigens entwickelter Sensoren weiter vorantreiben. „Diese unterscheiden sich von denen in der Automobilindustrie, da Schiffe ständig Wankbewegungen durch Wellen und Wind ausgesetzt sind“, erklärt Stefanie Engelhard.

Fokus liegt auf der Binnenschifffahrt

Der Prototyp soll noch im Frühjahr 2021 zu Wasser gelassen werden. Ab 2023 sollen 12 Meter lange „Schleiboote“ zunächst als Passagierfähren die Stadt Schleswig mit dem Unesco-Welterbe Haithabu, einem Wikinger-Museum, verbinden. Aber das sei nur der Anfang, versichern Stefanie und Lars Holger Engelhard.

Für die Umrüstung des maritimen Verkehrs ab 2023 entwickelt das Start-up zusätzlich einen modularen Ansatz, mit dem der Umstieg auf die neue Antriebstechnologie schon durch geringe Anpassungen ermöglicht werden soll. Geplant sei zunächst die Umrüstung von rund zehn Schiffen im ersten Jahr. Danach soll das Volumen signifikant gesteigert werden. Auch Lizenzvergaben an andere Werften und Unternehmen seien denkbar, so die Gründer. Der Fokus der Umrüstungen liegt zunächst auf der Binnenschifffahrt. Später sollen die Systeme auch in der Seeschifffahrt eingesetzt werden.

Probleme: Kosten und Kapazität

Hindernis für die nachhaltige Umrüstung im großen Stil sei vor allem der Kostenfaktor. Der Marktpreis für eine Umrüstung auf Elektroantrieb liege derzeit bei rund 100.000 Euro, so das Gründer-Ehepaar. Diesen Preis plant das Start-up nach Anlauf des internationalen Vertriebs deutlich zu reduzieren. Zudem sei durch steigende CO2-Preise mit einem Anstieg der Betriebskosten für konventionelle Antriebe zu rechnen.

Ein weiteres Hindernis sei die noch fehlende Tankstelleninfrastruktur. Ein Problem, das die Jungunternehmer „nach dem Vorbild von Tesla“ lösen wollen: Mit dem Ausbau des Ladenetzes zunächst an Fährhaltestellen oder Heimathäfen von Fischer- und Hausbooten soll zugleich auch die Akzeptanz des elektrischen Antriebs erhöht werden.

Lösungen für die anstehenden Herausforderungen sucht das Ehepaar auch im Accelerator-Programm von Startport, der Innovationsplattform der Duisburger Hafen AG. Von der UN ist die Idee des Jungunternehmens schon als Nachhaltigkeitsprojekt anerkannt. Anfragen gebe es bereits aus den Regionen Flensburg, Lübecker Bucht, Herzogtum Lauenburg, Bremen sowie Schleswig und mit Lissabon und den Niederlanden auch schon aus dem Ausland. Pilotregionen sind schon in Verhandlung, Vorverträge werden derzeit erstellt. (fw)

2021

wird der Prototyp der „Schleiboote “ zu Wasser gelassen.

2023

ist der Roll-out für die Umrüstung im maritimen Verkehr geplant.

Circa 10

Schiffe könnten im ersten Jahr nach dem Roll-out umgerüstet werden.

Quelle: Unleash Future Boats

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